Rasoul aus Teheran (IRN)

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Dolmetscher, Kosmetikverkäufer

„Schach ist nicht Kampf, Schach ist Spaß, das Ziel des Spiels ist es, zu genießen.

Rasoul aus Teheran (IRN)

Es gibt Menschen, die beim Spielen nervös sind, weil sie verlieren könnten. Das macht mich wiederum nervös. Die lasse ich gewinnen. Einen Plan finden, der absichtlich aber unauffällig zum Verlust führt, ist eine eigene Disziplin und macht mir auch Spaß. Dann sind alle happy.

Schach ist ein Modell des menschlichen Lebens. Ich denke oft in Schacht-Termini wenn es Probleme zu lösen gibt. Die Deutschprüfung ÖSD B2 habe ich ziemlich schwer gefunden, richtig zum Verzweifeln. Ich sagte zu mir selber:„Kumpel was ist, bist du Schachmatt oder was?“ Das gab mir Mut und Lust weiter nach Lösungen zu suchen.

Meine Dame habe ich im richtigen Leben auch mal verloren. Dazu fallen mir keine Schachzüge ein, bei Traurigkeit hilft nur Musik.

Ebenso gerne wie Schach spiele ich Theater. Es ist spannend einen anderen Charakter anzunehmen, versuchen zu fühlen und denken wie eine komplett andere Person. Wie vor Kurzem in einer Aufführung im Dschungel Theater Wien. Es ging um Freiheit, Integration und gesellschaftliche Ordnung. Ich habe einen sehr gewaltbereiten Mensch gespielt, eine für mich völlig fremde Welt, daher extra faszinierend!“

Thomas aus Leoben (A)

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Schachtrainer, Mediator, Supervisor

Als Kind war ich überrascht, dass Vereinsschachspieler Meisterschaften und Turniere bestreiten.

Thomas aus Leoben (A)

Ich trat einem Verein bei, weil ich immer Schach spielen wollte, im Schachklub viele Gleichgesinnte erwartete und daher niemanden um eine Partie anbetteln musste.

Ab sieben spielte ich mit meinem Bruder, von 10 an beim Schulschach und ab 12 im Verein.

Mit 18 kam mir das aktive Schachspiel abhanden. Ich arbeitete viele Stunden, zB. dreizehn Jahre Vollzeit mit beeinträchtigten Menschen und gleichzeitig selbstständig als Mediator. Während dieser Zeit sind meine beiden Kinder geboren und erwachsen geworden. Die jüngste ist jetzt 19.

Nach 30 Jahren ist es passiert – der Funke ist wieder entfacht.

Ein Freund nahm mich zum internationalen Jugendschachturnier in Mureck mit. Wir halfen ehrenamtlich mit. Als ich das erste Mal in den Spielsaal kam, ergriff mich gleich wieder dieses Gefühl … mit welcher Spannung, Freude & Begeisterung die Kinder aus verschiedensten Ländern spielten … so wie ich es selbst früher getan habe.

Seitdem geht es flott dahin. Schachtrainerkurs absolviert, Curriculum Schulschachmethodik geschrieben und sogar in meine Mediation hat das Spiel Einzug genommen. Schachfiguren und -brett eignen sich wunderbar für systemische Aufstellungen.

Schach dient oft als Sprache, auch in der Mediation. Schach wirkt Völker-, Generationen-, Menschen- und Streitpartnerverbindend.

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Mediationskanzlei Fugger

Mohammad aus Teheran (IRN)

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Tischler, Schneider, Taxifahrer

Alle Schachpartien die ich im meinem Leben gespielt habe, habe ich im Kopf gespeichert.

Genau so wie meine Memoiren. Sobald mein Deutsch perfekt ist, möchte ich ein Buch schreiben.

Als ich elf war erklärte mir ein Cousin alles über Schach, von „Das ist der König“ bis „Jetzt besser nicht schlagen“, also von Basics bis Taktik. Wir spielten am gleichen Tag unendlich viele Partien, bis ich, nach ca. fünf Stunden, nicht mehr verlor.

Er ist danach zwecks Herausforderung immer wieder zu mir in die Stadt gereist. Ich habe jedes Mal gewonnen.

Ich bin sehr gerne beim Streetchess dabei. Die Menschen hier in Wien urteilen weniger als in Teheran. Sie fragen nicht, warum ich Zeit dafür habe, auf Strassenfesten zu sitzen und Schach zu spielen. Auch nicht, ob ich religiös bin.

Am Liebsten spiele ich mit älteren Männern. Sie denken oft weniger engstirnig, sie haben mehr Überblick und Lockerheit.

Wienerisch verstehen geht auch schon besser, wobei ich mich freue, wenn die Person das Sprechtempo für mich anpasst. Schach spielen hilft mir beim Deutsch lernen. „Haben, geben, laufen, stehen, schau ma mal, …“ Vieles kommt vor bei einer Partie.

Sprache ist wichtig. Ohne Kenntnis der Landessprache stehst du im Abseits. Deutsch ist nach Farsi und Türkisch die dritte Sprache für mich.

Herbert aus Sieghartskirchen (A)

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Pensionierter Bankprokurist, jetzt ehrenamtlicher Deutschlehrer für Geflohene*

Ich gewinne gerne, aber wenn ich nicht verlieren könnte, dürfte ich nicht Schach spielen.

Herbert aus Sieghartskirchen (A)

Erst mit 60 Jahren habe ich begonnen Vereinsschach zu spielen. Am Anfang war nur die richtige Zugdurchführung bei den Meisterschaftspartien schon eine echte Herausforderung. Ich vergaß entweder auf das Mitschreiben oder auf die Uhr zu drücken. Oder ich irre mich beim Mitschreiben der Züge.

Ich sehe oft schöne Züge, zum Beispiel mit einem aufregenden Opfer und spiele diese dann auch gleich. Ganz im Sinne Voltaires: „Das Bessere ist der Feind des Guten“. Interpretiert als: „Wer ewig nach dem Besseren sucht, wird nichts Gutes finden“.

Nicht weiter suchen, zufrieden sein.

Ich bin mir sicher, dass meine Tochter einen besseren Leitsatz hat. Sie spielt stark und wurde schon mal Mädchen-Staatsmeisterin. Ich denke sie spielt eher nach Lasker: „Wenn du einen guten Zug siehst, such nach einem besseren.“

Weiter suchen, Besseres finden.

Durch meine Tochter entdeckte ich das Vereinsschach. Durch meine Frau entdeckte ich „den Nabel der Welt“, wie sie ihren Wohnort gerne nennt. Obwohl ich schon vor sehr vielen Jahren von Wien nach Sieghartskirchen gezogen bin, nennen mich alle immer noch den „Mann von der Sissi“.

Mir taugt das Leben hier.

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* Den Krieg kann ich nicht beenden, aber irgend etwas möchte ich tun.

Karoline aus Ludesch (A)

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Begeisterte Mutter (ehem. Krankenschwester)

Ich trainiere nicht mehr, ich spiele nur noch.

Karoline aus Wien (A)

Eigentlich habe ich nur wegen meinem Mann mit über vierzig mit Schach begonnen, aber recht schnell auch einen gewissen Ehrgeiz entwickelt, das liegt in meiner Natur. Ich spiele gerne im Kaffeehaus, aber auch einige Turnierpartien im Jahr. Gut, ich gebe zu, dass ich in der letzten Zeit mit dem Training übertrieben habe, fast ein Trainingsjunkie war.

Ohne Schachunterlagen bin ich ja gar nirgends mehr hin. Nicht mal auf die Toilette. Aber, jetzt ist mal Pause. Ich bin auf Entzug.

Wenn mein Mann nach Hause kommt und mich um Hilfe bei einem Schachproblem bittet, dann ist es schon schön, wenn ich ihm helfen kann, vorallem weil auf dem Schachbrett Welten zwischen uns liegen.

Nichts hat mich je so gefesselt wie Schach. Beim Schach sich für eine Zeit von den Alltagsthemen zu verabschieden und in eine andere Welt eintauchen genieße ich sehr.

Apropos andere Welt: Auch die Schachcommunity liebe ich sehr. So viele verschiedene, einzigartige und mitunter bizarre Charaktere, die zusammen eine egalitäre Gesellschaft bilden, in der ich mich sehr wohl fühle.

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Karoline gründete in 2013 „Frau Schach“ und damit wienweit etwas einzigartiges. „Frau Schach“ ist nach wie vor (2018) der einzige Frauenschachclub in Österreich.