Kasim aus Kabul (AFG)

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Pädagoge

Verallgemeinert gesagt, sind wir Afghanen scheinheilig spaßbefreit.

Kasim aus Kabul

Gibt es ein Fest, zum Beispiel eine Hochzeit, ist der DJ richtig zu bemitleiden. Er geht persönlich von Partygast zu Partygast um diese vergebens zum Tanzen zu motivieren. Unter Ausschluß der Öffentlichkeit, nur mit den besten Freunden, geht allerdings gerne die Post ab.

Sowie ich jetzt jugendliche Flüchtlinge begleite, um eine schnellere Integration voranzutreiben, war Klaus vor 19 Jahren für mich da, um das Gleiche zu tun. Da er leidenschaftlicher Schachspieler ist, war das Spiel von Anfang an mit von der Partie.

Im ersten Moment klingt Schach langweilig. Aber ich merkte bald, wie vielschichtig und faszinierend es ist. Statt wie am Anfang einfach nur gewinnen zu wollen, wie halt bei jeden anderen Spiel auch, ging es mir bald um ganz andere Sachen: Strategie, wie kann ich mich am besten konzentrieren, wie bringe ich mein Gegner ins Schwitzen?

Klaus und ich fuhren regelmäßig zum Schach spielen nach Mödling, wo der örtliche Schachklub im „Mautwirtshaus“ an der hübschen Fußgängerzone, angesiedelt ist. Der Klub überschneidet sich mit dem Schachklub Hörndlwald in Wien, wo Klaus Mitglied ist. Diese Schachtouren gehören zu meinen schönsten Erinnerungen!

Ali aus Balkh (AFG)

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Student Persische Philologie

Ich vermute ich war in etwa zehn Jahre alt, als ich mir ein Schachspiel kaufte.

Ali aus Balkh

Zu Hause zeigte ich es fröhlich her, worauf hin meine Familie mich anhielt es sofort ins Geschäft zurück zu bringen. So fand ich heraus, dass auch das Spiel verboten war.

Ich habe gerne in der Stadt gewohnt, aber immer wenn schulfrei war sind meine Mutter und ich zu Tante und Onkel aufs Land gefahren. Das habe ich geliebt … einfach draußen sein und kicken mit meinen Freunden.

Nachdem unser Haus das dritte Mal komplett leer geraubt wurde, haben wir Stadt, Tante und alles andere hinter uns gelassen und sind in den Iran ausgewandert. 12 Jahre später trauten wir uns zurück. Und weißt Du? Ich habe mir wieder ein Schachspiel gekauft! Ich wohnte nun in meiner eigenen Wohnung, da konnte es mir keiner so leicht verbieten.

Ich finde es beim Schach spielen faszinierend, dass jeder Zug Einfluss auf die Zukunft hat. Jeder Zug verändert die Stellung und damit den Verlauf des Spiels. Es ist hilfreich zuerst zu denken und dann zu ziehen.

Zuerst denken hilft in anderen Lebenslagen auch oft enorm. Denken, dann handeln, und immer locker bleiben!

Luis aus Wien (A)

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Schüler

„Rush Hour“ und „Hot Spot“ von Thinkfun spielte ich extrem gerne, als ich jünger war.

Luis aus Wien

„Hot Spot“ ist ein strategisches Brettspiel, wobei du bunte Figuren, mit und ohne UFO-Ring, auf einem Steckbrett platzieren und ziehen musst. In meiner Fantasie spielte ich dabei Schach. Lange Zeit war das prima so, aber eines Tages wollte ich wissen, wie das echte Schachspiel geht.

Meine Eltern erklärten mir die Regeln und waren auch meine ersten Gegner. Dann bin ich aber recht bald, mit sechs Jahren oder knappe sieben, dem Schachclub Donaustadt beigetreten. Ich bin dort also schon mein halbes Leben, sechs oder sieben Jahre lang, Mitglied. Auch meinem kleinen Bruder – er ist jetzt drei – gefiel der Schachclub und weiß jetzt schon, dass er auch einmal Schach spielen lernen mag.

Mir gefällt beim Schach, dass man (miteinander) dasitzt, schaut und denkt. Dass körperliche Stärke keine Rolle spielt, sondern wie gut du dein Köpfchen einsetzt. Du brauchst einen Plan, am besten einen besseren als den des Gegners.“

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„Rush Hour“ auf Wiki
„Hot Spot“ auf Youtube

Stefan aus Mezővári (H)

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Vermögensberater

Meine Kindheit und Jugend habe ich bei der Oma und beim Onkel in der heutigen Karpatenurkraine verbracht, die damals ein Teil Ungarns, an die UdSSR grenzend, war.

Stefan aus Mezővári

In der Schule haben wir viel Schach gespielt. Es gab weder Schachunterricht noch Schachsets, aber es lag dort einfach in der Luft! Die Bretter haben wir auf Karton gezeichnet, die Figuren aus Holz geschnitzt oder aus irgendeinen anderen Material gebastelt.

Meine Heimatregion war ab 1945, nach dem Zweiten Weltkrieg, nicht mehr Nachbar sondern Teil der Sowjetunion. Ich war 17, als ich schließlich alleine in Richtung Westen geflüchtet bin.

Ich bin vielen Menschen dankbar, die mir in meiner neuen Heimat in irgendeiner Art geholfen haben. Ganz besonders und allen voran Frau Torka, die damalige Chefin der Caritas Wien: Sie hat mir ein Stipendium organisiert, sodass ich meinen größten Traum, Wirtschaft zu studieren, verwirklichen konnte.

Später bin ich viel verreist, überall habe ich Schach gespielt. Zum Beispiel in Ägypten, wo auf der Terasse eines Cafés gespielt wurde. Ich kiebitze bis ich gefragt wurde mitzuspielen, das funktioniert eigentlich immer. Weil ich mich so stark schlug holten sie jeden Tag einen besseren Spieler dazu, bis ich endlich mal verlor … Eine der vielen, schönen Schach-Erinnerungen.

Anna aus Klagenfurt (A)

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Kindergartenpädagogin

Mit sieben Jahren kam das Spiel durch Schulschach, wie ein Paukenschlag, in mein Leben.

Anna aus Klagenfurt

Ich wurde ins kalte Wasser geworfen. Kaum gelernt wie die Figuren ziehen, stand schon ein Schülercup in Slowenien an! Ich war extra nervös, denn ich saß, wie ich glaubte, noch dazu am Brett eins, also an dem Brett wo die stärksten Spieler*innen spielen.

Dabei war es in Wahrheit das letzte Brett. Gleichwohl war ich zehn Minuten später tot. Meine erste große Niederlage. Im Anschluß daran, gab es vom Lehrer wertvolle Tipps: „Anna, spiele langsam, überlege jeden Zug gut.“ Heute verliere ich immer auf Zeit.

Ein paar mal traf ich auf Markus Ragger, der als Kind schon unfassbar gut war. Wenn er schon mit mir spielte, dann blind und mit minimaler Aufmerksamkeit. Schummeln hat er trotzdem immer mitgekriegt: „Das war ein weißfeldriger Läufer, der kann nicht auf b4 fahren.“ Das fand ich ziemlich spannend.

Nach einigen Jahren Schachpause blickte ich aus dem Bus ins Geschäfft „Schach und Spiele“, sah all die schönen Figuren und wollte sofort wieder spielen. Schach hatte mir gefehlt. Ich liebe das Kämpfen, die Spannung und die Konzentration – beim Spielen vergesse ich alles andere.

Fußnote:
Über das Geschäfft „Schach und Spiele“ vom Herrn Ehn hat Anna Karoline kennengelernt, was der Anfang des beliebten monatlichen „Frau Schach im Kaffeehaus“ wurde …